Musste im Sommer aufgrund von Nackenproblemen pausieren: Timo Boll (©Thomas)
11.09.2018 - Kurz nach Saisonbeginn dürfen sich die Tischtennis-Fans bereits auf den ersten Höhepunkt freuen: Die Individual-Europameisterschaften in der kommenden Woche im spanischen Alicante versprechen ein spektakuläres Fest werden zu können. Über die Rolle der deutschen Asse bei den Titelkämpfen hat sich unser Blogger Dietmar Kramer Gedanken gemacht.
Roßkopf kann auf erfolgreiches EM-Turnier hoffen
Joachim Löw hat in den vergangenen Jahren sicherlich kaum einmal mit Jörg Roßkopf tauschen wollen. Nach dem desaströsen Absturz seiner deutschen Titelverteidiger bei der Fußball-WM im ausklingenden Sommer in Russland allerdings erscheint nicht ausgeschlossen, dass Fußball-Bundestrainer Löw sich mitunter die Situation seines Tischtennis-Kollegen Roßkopf herbeigewünscht haben könnte. Denn Roßkopf kann für die anstehenden Europameisterschaften im spanischen Alicante (ab 18. Dezember) angesichts der Leistungsbreite seiner Spieler in der kontinentalen Spitze ohne jeden Anflug von Arroganz, die sich Löw nach dem WM-Debakel selbst attestierte, auf ein überaus erfolgreiches Turnier hoffen.
Beinahe sogar muss der Erfolgscoach sogar damit rechnen. Unabhängig von seiner endgültigen Nominierung nämlich schickt Roßkopf nicht weniger als gleich fünf Spieler aus den kontinentalen „Top 20“ an der Costa Blanca in die Boxen, darunter keine Geringeren als das europäische Spitzenduo mit Rekordtitelgewinner Timo Boll und World-Cup-Sieger Dimitrij Ovtcharov. Eine Rolle im Kampf um die Medaillen kann außerdem Patrick Franziska nach zuletzt international wieder konstanten Vorstellungen und seinem Vorstoß in die Top 20 der Weltrangliste zugetraut werden.
Bestätigung als Nummer eins auf dem Kontinent als Zielsetzung
Insgesamt muss für die Herren des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) die Bestätigung ihrer Position als Nummer eins auf dem Kontinent die Zielsetzung sein. Nach der Rückeroberung des Mannschafts-Titels im vergangenen Jahr in Luxemburg ist das sechste Einzel-Gold beim siebten EM-Turnier seit 2010 jedenfalls alles andere als Utopie.
Ein Selbstläufer jedoch dürfte ein Triumph wieder einmal nicht werden. Zweifellos ist die europäische Elite in der jüngeren Vergangenheit nochmals weiter zusammengerückt; Spieler wie der weiter verbesserte Franzose Simon Gauzy, die Schweden um Kristian Karlsson oder auch Liam Pitchford aus England sind mehr als nur chancenreiche Außenseiter.
Boll und Ovtcharov als „Wundertüten“
Zumal gerade Boll und Ovtcharov vor dem ersten Höhepunkt der noch jungen Saison ein wenig wie Wundertüten anmuten und die Aussichten auf ein abermaliges Endspielduell der deutschen Stars deswegen nicht als maximal gut einzustufen sein dürften. Aus unterschiedlichen Gründen sind die derzeitigen Leistungspotenziale des Top-Duos, das sich zu Beginn des Jahres an der Spitze der Weltrangliste abwechselte, nicht wirklich seriös einzuschätzen.
Boll bestritt nach einer der längsten Sommerpausen seiner langen Laufbahn inklusive der Ausheilung wieder aufgetretener Nackenprobleme erst ein einziges Bundesliga-Match – und das vor beinahe schon einem Monat. Doch der 37-Jährige wusste im Verlauf seiner Karriere besonders oft dann eine sehr starke Form an den Tag zu legen, wenn sein Körper ausgeruht war. Somit sollte die mangelnde Wettkampfpraxis nicht schon vorab als schlechtes Vorzeichen für Bolls Griff nach seinem siebten Einzel-Titel gewertet werden.
Ob Ovtcharov schon wieder das Niveau für die Rückkehr auf den vor zwei Jahren in Budapest an den Franzosen Emmanuel Lebesson verlorenen EM-Thron erreicht hat, muss gleichfalls abgewartet werden. Die bisherigen Ergebnisse auf internationaler Bühne seit der Bewältigung seiner langwierigen Oberschenkel-Verletzung in der ersten Jahreshälfte überzeugten den Perfektionisten selbst sicherlich am wenigsten – liegen aber mittlerweile auch schon bald über einen Monat zurück und dürften für den zweimaligen EM-Champion nur Ansporn zu noch mehr Trainingsanstrengungen um Anschluss an seine famose Form aus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres gewesen sein.
Mixed durch Olympia-Status im Blickpunkt
Ein besonderes Schlaglicht fällt in Alicante außer auf den Titelkampf der Herren und Damen, in den die DTTB-Spielerinnen mit gedämpften Erwartungen gehen, auf das Mixed-Turnier. Nicht einmal mehr zwei Jahre vor der Premiere des Gemischten Doppels im Olympia-Programm bei den Sommerspielen 2020 in Tokio bietet die EM eine der wenigen hochklassigen Gelegenheiten zum Test möglicher Kombinationen für das Turnier in Nippon. Die erhebliche Aufwertung des Mixed durch die olympischen Weihen dürfte den Wettbewerb in Spanien anders noch als 2016 in Budapest voraussichtlich für mehrere der besten Aktiven in Europa deutlich attraktiver erscheinen lassen.
(Dietmar Kramer)
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